A gun in the hand is better than a cop on the phone

Die individuelle Verteidigung

Ein krimineller Übergriff gegen einen Menschen wird rechtlich als eine Verletzung der Gehorsamspflicht gegenüber den Gesetzen des Staates geahndet. Diese Verletzung ist jedoch nur eine Metapher, denn abstrakte Objekte wie Staaten oder Gesetze sind nicht leidensfähig und können deshalb nur formal zu Opfern werden. Die wirklichen Opfer sind stets Menschen oder andere höhere Lebewesen.


Einen Übergriff gegen sich selbst, seine Familie und seinen Besitz zu verhindern und abzuwehren, liegt daher viel stärker im Interesse des betroffenen Einzelnen als in dem des Staates und der von ihm ermächtigten Behörden. Nun kann wohl niemandem zugemutet werden, seine Verteidigung an Personen zu delegieren, die daran gar kein vitales Interesse haben, sondern bloß eine bezahlte Tätigkeit ausüben.

Das Recht, sich selbst zu verteidigen, ist nicht nur ein allgemeines Menschenrecht (denn es steht allen zu, unabhängig von jedem nur erdenklichen Parameter), sondern sogar ein Naturrecht, auf das auch die tierischen Verwandten des Menschen nicht freiwillig verzichten würden. Auch ist nicht einzusehen, warum irgend jemandem die Verteidigung eines Menschen zugemutet werden sollte, der zwar in der Lage aber nicht willens ist, sich selbst zu verteidigen.

Darüber hinaus gibt es auch noch ein triftiges technisches Argument zugunsten der Selbstverteidigung: Das Verbrechensopfer befindet sich vom ersten Moment an am Ort des Geschehens, während äußere Hilfe (wie etwa die Polizei) erst herbeigerufen werden muß, und auch dann noch beträchtliche Zeit verstreicht, ehe sie eintrifft. Das bedeutet nun nicht, daß eine solche Hilfe nicht willkommen wäre, zumal die Polizei ja über Möglichkeiten verfügt, die auch einem gut bewaffneten Zivilisten nicht zu Gebote stehen, aber die ersten Maßnahmen werden am besten vom Betroffenen und anderen bereits anwesenden Personen getroffen. Etwas anderes zu fordern wäre so unsinnig wie ein Gesetz, das es verbietet, im Auto Verbandszeug bereit zu halten oder privat ein Feuerlöschgerät zu besitzen.

Eine charakteristische Eigenschaft, durch die sich Schußwaffen von technisch primitiveren Stich- oder Schlagwaffen unterscheiden, ist ihr größerer Aktionsradius. Erfolgt ein Angriff mit einem Messer oder einer Keule, dann wird das Ergebnis des Kampfes (selbst wenn der Angegriffene unbewaffnet ist) in hohem Maße nicht nur von der Waffe, sondern auch vom körperlichen Kräfteverhältnis der beiden daran beteiligten Personen abhängen.

Nun sind aber friedliche Menschen im Durchschnitt weniger kräftig als gewalttätige Kriminelle (und insbesondere weibliche Opfer sind den meist männlichen Tätern körperlich durchwegs unterlegen). Daraus folgt, daß eine Gesellschaft ohne Schußwaffen die Verbrecher begünstigt. Das wird noch dadurch verstärkt, daß Nahwirkungs-Waffen viel leichter aggressiv gegen ahnungslose Opfer einsetzbar sind als defensiv gegen Täter, ein Unterschied, der bei Schußwaffen nicht in gleichem Maße besteht.

Über die bereits genannten Gründe hinaus würde ein Waffenverbot auch noch zu einer weiteren (und zwar sehr drastischen) Benachteiligung der gesetzestreuen Bevölkerung gegenüber den Verbrechern führen. Letztere hätten nämlich keinerlei Hemmungen, sich Waffen auch illegal zu besorgen, denn wer einen Mord, Raub oder Einbruch begeht, schreckt sicherlich auch vor der Verwaltungsübertretung des unerlaubten Waffenbesitzes nicht zurück.

Ein erfolgreich durchgesetztes Waffenverbot hätte sogar große Vorteile für Verbrecher, können sie doch bei unbewaffneten Opfern ihrer Tätigkeit mit weit geringerem Risiko nachgehen, da sie nicht befürchten müßten, selbst angeschossen zu werden.

Befürworter einer waffenlosen Gesellschaft führen hingegen für ihr Anliegen eine Reihe von Argumenten ins Treffen, von denen zwei besonders häufige im folgenden kritisch beleuchtet werden sollen:

a) Waffen dienen zum Töten und gehören deshalb nicht in eine zivilisierte Gesellschaft.

Dieser Satz enthält ein ganzes Bündel von Denkfehlern:

Kein Land dieser Erde ist so zivilisiert, daß in ihm nicht auch kriminelle Menschen leben würden, gegen die man sich zur Wehr setzen muß. Auch Brände passen nicht in eine zivilisierte Gesellschaft, aber spricht das gegen die Feuerlöscher?

Selbst Personen, die nicht zur Kriminalität neigen, können in extremen psychischen Situationen zu einem Sicherheitsrisiko werden, denn auch der moderne Mensch ist nicht durch und durch zivilisiert, sondern im wesentlichen immer noch ein an die grausamen Lebensbedingungen früherer Jahrmillionen genetisch angepasstes Lebewesen.

Die von der Polizei eines zivilisierten Landes verwendeten Waffen (deren Abschaffung nicht verlangt wird) dienen demselben Zweck wie die in Privatbesitz befindlichen.

Der Begriff des Tötens führt (insbesondere, wenn er auf Menschen als Opfer bezogen wird) meist zu einer reflexartigen moralischen Ablehnung. Das ist verständlich, denn zuerst denkt dabei jeder an den mit Abstand häufigsten Fall: daß nämlich ein Schuldiger einen Unschuldigen ermordet. Tötet hingegen ein Opfer seinen Peiniger (oder ein geplantes Opfer seinen verhinderten Mörder), so ist das Ergebnis wünschenswert und würde (ohne erzieherische Störungen des natürlichen Gerechtigkeitsempfindens) moralische Genugtuung auslösen. Leider sind es gerade diese wünschenswerten Tötungshandlungen, deren Verhinderung durch ein allgemeines Waffenverbot erwartet werden kann, weil ja durch ein solches Verbot die Waffengleichheit von Tätern und Opfern zulasten letzterer beseitigt wird.

Daß Waffen nur zum Töten dienen, stimmt streng genommen nicht ganz, denn sie können auch dazu verwendet werden, eine Tötungshandlung anzudrohen, um dadurch ein bestimmtes Verhalten zu erzwingen. Beispielsweise könnte man mittels einer Waffe einen Einbrecher, der erkennt, daß nicht nur er bewaffnet ist, von der Fortführung seines Verbrechens abhalten, ohne ihn zu töten.

b) Die Wahrscheinlichkeit von Verbrechen steigt, wenn Waffen leicht verfügbar sind.

Ein Mörder, der eine Pistole besitzt, wird diese wahrscheinlich auch verwenden. Hat er hingegen keine, so muß er sich entweder eine (notfalls illegale) besorgen, oder er nimmt eben ein Messer oder Gift, täuscht einen Autounfall vor, oder läßt sich sonst etwas einfallen. Niemand würde jedoch einen Mord begehen, nur weil er eine Schußwaffe besitzt.

Ein Sonderfall dabei sind irrationale Amokläufer, deren Gefährlichkeit vom Tötungspotential der ihnen zugänglichen Waffen abhängt. Hier ist wiederum zu unterscheiden zwischen Psychopathen, die ihre Bluttat planen, und Affekttätern, die plötzlich von einem Blutrausch befallen werden.

Erstere sind als Argument ungeeignet, denn sie haben Zeit genug, sich vor ihrer Tat illegale Waffen zu besorgen. Aber auch Menschen, die im Affekt töten, sind nicht selten psychisch beschädigte Waffenliebhaber, bei denen die Wahrscheinlichkeit groß ist, daß sie eine oder mehreren Waffen besitzen, die im Falle eines Verbotes dann eben illegale Waffen wären. Die Zahl der Personen, die zwar ein gesetzliches Waffenverbot achten würden, mit einer legalen Waffe aber spontan wild um sich schießen, ist sicherlich sehr gering.

Und auch die könnten weniger Schaden anrichten, würden ihre potentiellen Opfer nicht fast ausschließlich aus wehrlosen Unbewaffneten bestehen.

Alle weiteren Argumente, die gegen privaten Waffenbesitz vorgebracht werden könnten, sowie das, was sich diesen entgegnen ließe, soll Gegenstand der Diskussion sein, die ich mit diesem kurzen Artikel auslösen möchte.


Dieser Text kann im KJ-Blog kommentiert und diskutiert werden.

© Heinrich Haferfeld